Wie lässt sich Flossing möglichst sicher ausführen?

Wie lässt sich Flossing möglichst sicher ausführen?

Immer wieder bekomme ich Anfragen, ob Flossing bei Beschwerden XY sicher angewandt werden kann und wie lange man nach Operation XY warten muss, bis man Flossing anwenden kann. Leider gibt es auf diese Fragen meist keine einfach Antwort, da Flossing bisher kaum wissenschaftlich untersucht ist und es meiner Meinung nach keine Studie gibt, die sich mit der Sicherheit von Flossing beschäftigt hat.

Trotzdem gibt es Möglichkeiten, Flossing sicher in die Therapie und ins Training zu integrieren.

 

Mehr Sicherheit beim Flossing

An erster Stelle musst du in einer ausgiebigen Anamnese genau die Beschwerden deines Patienten erkennen und mögliche Kontraindikationen abklären. Hast du alle Kontraindikationen ausgeschlossen, bist du schon einen großen Schritt Richtung sicherer Flossing-Anlage gegangen.

Als nächstes musst du gucken, welche Therapie-Ziele du bei den Beschwerden verfolgst und ob die Wirkweisen des Flossing diese unterstützen können. Das heißt, du musst einerseits ein gutes Verständnis über die Hintergründe der Beschwerden und Erkrankungen deines Patienten haben und natürlich wissen, auf welchen Ebenen Flossing genau wirkt.

Hier ist natürlich auch wichtig zu gucken, ob Wunden und Schnitte nach einer Operation geschlossen sind, ob Reizungen um die Wunde herum vorliegen etc.

Und du musst entscheiden, ob die Wunde oder Narbe weit genug verheilt ist, um eine Flossing-Anlage durchzuführen. Wenn du dir unsicher bist, würde ich lieber noch etwas warten und andere Methoden anwenden.

Wenn das auch passt, geht es um die Anlage des Flossing-Bandes.

Wie ich bereits in folgendem Artikel geschrieben habe, wende ich das Flossing-Band mittlerweile mit deutlich weniger Zug an. Und das, ohne dass ich dadurch geringere Therapie-Effekte wahrnehmen konnte. Meine Empfehlung ist, immer etwas lockerer anzufangen und den Zug so zu wählen, dass der Patient einen angenehmen Druck spürt. Mit diesem Druck dann 3-5 Minuten die gewünschten Übungen und Behandlungstechniken durchführen, dann das Band wieder abnehmen und vergleichen, wie sich die Beschwerden anfühlen, die Beweglichkeit oder die Schwellung sich verhändert haben.

Wenn der Patient sagt, dass er noch etwas mehr Druck vertragen würde und das Gefühl hat, dass es ihm etwas mehr helfen würde, steigere ich im nächsten Durchgang. Mittlerweile verlasse ich mich da ziemlich stark auf die Wahrnehmung des Patienten und weniger auf mein Gefühl, wie ich das gerne hätte.

 

Flossing und arterieller Blutfluss

Und eine Sache mache ich mittlerweile immer:

Ich checke, dass bei jeder Flossing-Anlage der arterielle Zufluss erhalten bleibt.

Für das Warum muss ich ein bisschen weiter ausholen.

Dr. Yoshiaki Sato, der Erfinder des KAATSU-Trainings* (Anmerkung: KAATSU* ist ein spezielles System bzw. Gerät, um Blood Flow Restriction Training durchzuführen) beschreibt, dass er früher mit erlastischen oder teilweise starren Bändern den Blutfluss zu seinen Extremitäten reduziert oder gar unterbunden hat, um Blood Flow Restriction Training durchzuführen. 

In den Jahren, die er mit diesen Methoden trainierte erlitt er mehrfach eine Thrombose im betroffenen Bein. Dies führt er auf zu hohen Druck und einen Verschluss des arteriellen Zuflusses zurück.

Außerdem besteht die Gefahr der Nervenschädigung, wenn der arterielle Blutfluss komplett unterbunden wird und Nerven unterhalb der Band-Anlage nicht mehr mit Nährstoffen versorgt werden. 

Das gilt sowohl fürs Flossing, als auch fürs Blood Flow Restriction Training.

Eine wissenschaftliche Arbeit, die sich genau mit dieser Frage beschäftigt, ob Blood Flow Restriction Training das Risiko für Thrombosen und Embolien erhöht, kommt zu dem Ergebnis, dass sich das Risiko wahrscheinlich nur dann erhöht, wenn der arterielle Blutfluss komplett unterbunden wird. Bleibt der arterielle Zufluss während des Blood Flow Restriction Trainings erhalten, ist wahrscheinlich kein erhöhtes Risiko gegeben. 

Diese Ergebnisse werden auch durch eine weitere Untersuchung gestützt.

Und sicher gilt das auch fürs Flossing, schließlich wird beim Flossing mit einem elastischen Band ein Bereich der Extremität komprimiert. Beim Blood Flow Restriction Training wird entweder mit einer speziellen Manchette oder mit einem elastischen Band, vergleichbar mit einem Flossing-Band die Extremität am körper-nahen Ende komprimiert, um den Blutfluss zu modulieren.

Der große Unterschied ist, dass beim Blood Flow Restriction Training die Breite der Kompressions-Fläche, egal ob mit Manchette oder Bandage deutlich schmaler ist als beim Flossing. 

Und hier gilt: Je breiter die Kompressionsfläche, desto stärker werden die Gefäße komprimiert. Je breiter die Fläche, desto höhere die Wahrscheinlichkeit, dass der arterielle Zufluss zum Erliegen kommt.

Also muss beim Flossing da genauer drauf geachtet werden und am besten bei jeder Anlage kontrolliert werden.

 

Messung des arteriellen Zuflusses

Es gibt mehrere Möglichkeiten zu kontrollieren, ob der Druck der Flossing-Anlage den arteriellen Zufluss unterbindet oder noch zulässt. Im Folgenden möchte ich dir 3 Möglichkeiten vorstellen, wie du messen kannst, ob bei der Flossing-Anlage der arterielle Zufluss aufrecht erhalten bleibt. Damit du maximale Sicherheit bei deiner Flossing-Anlage hast!

 

Puls messen

Die einfachste Möglichkeit ist, nach der Anlage den Puls distal (als unterhalb/körperfern der Flossing-Band-Anlage) zu ertasten.

Wichtig ist, dass du vor der Anlage den Puls überprüfst. Einerseits, damit du genau weißt, wo du den Puls findest und nach der Anlage nicht suchen musst.

Andererseits um auch die Qualität des Pulsschlages beurteilen zu können. Wie fest ist der Puls, wie fühlt sich die Pulsfüllung an. Dann tastest du den Puls, nachdem du das Flossing-Band angelegt hast. Ist die Pulsfüllung gleich, weißt du, dass der arterielle Zufluss funktioniert!

An der oberen Extremität empfehle ich den Radialis-Puls zu messen. An der unteren Extremität empfehle ich aus eigener Erfahrung den Puls der Arteria dorsalis pedis zu messen.

 

Puls-Oximeter

Mit dem Puls-Oximeter* wird normalerweise der Puls und die Sauerstoffsättigung am Finger gemessen. 

Wenn ich mir beim Ertasten des Pulses unsicher bin oder einfach schneller testen will, ob der arterielle Zufluss noch gegeben ist, kann ich das Puls-Oximeter verwenden.


Anstatt den Puls manuell zu ertasten, stecke ich das Puls-Oximeter über den Finger und kann ablesen, ob noch ein Puls vorhanden ist. Hier musst du aber beachten, dass die Sauerstoffsättigung bei Flossing-Anlage sinkt, auch wenn der arterielle Zufluss noch gegeben ist.

Die Anlage des Flossing-Bandes reduziert den arteriellen Zufluss, wodurch weniger Sauerstoff in die Extremität gebracht wird. Das ist vollkommen kein Problem und sogar so gewollt!

Aus eigener Erfahrung kann man das Puls-Oximeter auch im Bereich der unteren Extremität an einem der Zehen anwenden. Also kannst du auch hier deine Flossing-Anlage mit Puls-Oximeter überprüfen.

Doppler-Sono

Der Goldstandart, um im Blood Flow Restriction Training den Arterial-Occlusion-Pressure (den Druck, der die Arterien komplett verschließt) zu messen, ist mit Hilfe eines Doppler-Sonos.

Ich persönlich verwende nur diese Methode, da ich aber auch sehr viel Blood Flow Restriction Training mit Patienten anwende.

Da ein Doppler-Sono einerseits relativ teuer ist, die Anwendung aber auch geübt werden muss, gehe ich darauf hier nicht näher ein.

Sollte dich das Doppler-Sono interessieren, kannst du mich gerne per Mail oder bei Facebook anschreiben, dann schicke ich dir Informationen dazu zu.

 

Fazit

Meiner Meinung nach kann Flossing einfach und sicher für Patienten angewandt werden. Wenn du dich an die Empfehlungen hier hälst, kann meiner Meinung nach nichts negatives passieren und du kannst Flossing effektiv einsetzen und deinen Patienten und Kunden damit helfen.

 

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